Das hat er/sie ja noch nie gemacht!

Es wäre wahrscheinlich oftmals zutreffender, diese Behauptung zum eigenen Tier durch ein ‚in meiner Gegenwart‘ zu ergänzen.
Ich bin im Laufe der Jahre sehr vorsichtig hinsichtlich so ziemlich jeder Verhaltensbeschreibung geworden, die mir jemand zu einem Tier gegeben hat. Eben weil das Tier dann nicht tat, was geschildert worden war. Oder auch umgekehrt ein noch nie dagewesenes Verhalten plötzlich gezeigt wurde.
Mich überrascht heute eigentlich nichts mehr. Und es macht mich deshalb auch fast ein bisschen wütend, wenn Tierhalter ungewöhnliche Erlebnisse, die man mit ihren Tieren hatte, manchmal partout nicht glauben wollen. Nur weil sie noch keine ähnlichen Beobachtungen gemacht haben…
Genau wie wir Menschen fühlen sich Tiere in unterschiedlichen Situationen mit unterschiedlichen Menschen oder Tieren entweder sicher und entspannt, mal eher ängstlich und unsicher, manchmal auch bedroht oder direkt angegriffen. Mit dem Grad der Unsicherheit steigt meiner Erfahrung nach auch die Unvorhersagbar- und Unberechenbarkeit der daraufhin gezeigten Verhaltensweisen. Da greift auf einmal ein Hund an, der noch nie einer Fliege was zuleide getan hat, da kuschelt sich auf einmal eine Katze an jemanden, obwohl sie sich vorher noch nie anfassen ließ.
Wo genau die Ursachen für ein plötzliches, unerwartetes Miss- oder Vertrauen – und in der Folge Angst (Flucht oder Angriff) oder Zuneigung – liegen, bleibt manchmal ein Rätsel, vor allem wenn man nichts oder wenig über die Herkunft und Vorgeschichte eines Tieres weiß. Sie liegen vermutlich in den Erinnerungen an frühere Erfahrungen mit anderen Menschen oder Tieren, vielleicht lag aber auch „etwas in der Luft“, vielleicht hatte das Tier einfach einen besonders guten oder schlechten Tag.
Auch unsere Hündin hat es in den letzten Monaten häufiger geschafft, meinen Freund, der sie schon seit Jahren kennt, immer wieder zu überraschen und sich ihm von ganz neuen Seiten zu zeigen. Weil da ja auf einmal ein neues Rudelmitglied mit ins Haus gezogen ist, das erst einmal abgecheckt werden und mit dem sich das ganze Rudel neu arrangieren musste.
Ich fand wirklich beeindruckend, wie genau Peppie mich anfangs beobachtet hat, wie geduldig sie gewartet hat, wenn ich ihr Futter vorbereitet habe, wie ruhig sie neben mir stand oder lag, wenn ich mir selbst etwas zum Essen gemacht habe. Und wie sie dabei immer nah bei mir blieb, völlig anders als bei meinen vielen Katzenbekanntschaften im Laufe der Jahre, die meist sehr aus der Distanz heraus begannen.

Entgegen der Voraussage „Die hört nicht auf sowas“ habe ich es mit viel Ausdauer geschafft, ihr mit ihren 13 Jahren und schlechtem Gehör noch PLATZ (bei uns HINLEGEN, das sie aber heute eher auf unsere Handbewegung hin macht) beizubringen und sie dadurch auch beim Autofahren von ihrem aufgeregten und von Hecheln begleiteten Getänzele auf der Rückbank in eine Liegeposition zu kriegen. Ja, das hat sie vorher noch nie gemacht!!!

Auf der anderen Seite habe ich als Hundeanfängerin denselben Fehler an anderer Stelle gemacht, sehr verallgemeinernd zu denken, „Was sie jetzt nicht macht, macht sie nie“… Deshalb gab es, wenn sie still und brav bei uns am Tisch lag, während wir gegessen haben, auch öfters mal was zur Belohnung. „Erwünschtes Verhalten belohnen, unerwünschtes Verhalten ignorieren“ hatte ich gelesen und für sinnvoll befunden… Aber dass ein Hund die anfängliche Scheu und Zurückhaltung bald verliert und plötzlich beginnt, Dinge einzufordern, an die er sich gewöhnt hat – weil er sie wohl für sinnvoll befand – um diese Erkenntnis bin ich heute reicher.
Und auch um die, dass ich Tierhaltern in Zukunft erst einmal alles glauben werde, was sie mir von ihrem Tier berichten, auch wenn ich es selbst nicht mit eigenen Augen gesehen habe. Um dann herauszutüfteln, was genau die Ursache einer Verhaltensauffälligkeit, der sogenannte Trigger, sein könnte, um den gegebenenfalls in den Griff zu kriegen, also gut damit umgehen oder ihn sogar beseitigen zu können.

Auf den Hund gekommen und Warum es jetzt an der Zeit für mich ist, Tiergesundheitsberaterin zu sein


2018 habe ich meinen ersten Hund bekommen. Haben wollte ich nie einen. Obwohl ich im Grunde alle Arten von Tieren liebe, habe ich mich lange Zeit eher als Katzenmenschen beschrieben. Und auch viele Jahre lang zusammen mit Katzen gelebt. An den Katzen als Begleiterinnen des menschlichen Lebens mag ich einfach besonders, dass sie auch mal ihre eigenen Wege gehen. Solange man ihnen in Form von Freigang die Möglichkeit dazu gibt. Weil ich dann ein bisschen verschnaufen kann von der Verantwortung, die ich mir mit der Haltung eines Haustiers „aufgeladen“ habe. So geht es mir wirklich. Ich fühle mich verantwortlich dafür, dass es „meinem“ Tier gut geht. Ich bin verantwortlich dafür, dass es etwas und was es im Fress- und Trinknapf vorfindet. Dass es seine sonstigen alltäglichen Bedürfnisse ausleben kann, Ruhe- und Rückzugsplätze findet. Dass es Beschäftigung und Abwechslung in seinem Leben hat, also einerseits lernt, mit neuen Situationen umzugehen, es andererseits aber auch Routinen gibt, auf die es sich verlassen kann. Dass ich sehe, wenn ihm etwas fehlt oder es ihm schlecht geht. Dass es versorgt ist, wenn ich unterwegs bin und es nicht mitnehmen kann.
Ein Rudeltier wie den Hund also bei mir einzuquartieren, war mir nie in den Sinn gekommen. Weil der ja eigentlich immer und überall dabei sein will. Im letzten Jahr habe ich mich dann zusammen mit dem Einzug ins Haus meines Freundes auch für Peppie entschieden. Die 13-jährige Australian Terrier-Hündin mit mehr als einer Macke – z.B. Trennungsängsten und Angstaggression, Neigung zu epileptischen Anfällen und vor gut 2 Jahren diagnostiziertem Diabetes -, die er nach Absprache mit mir von einer Freundin adoptiert hatte und die fast zeitgleich mit mir bei ihm einzog. Ideal als Anfängerhund! Zumindest für mich! Um endlich die theoretischen Weisheiten in Sachen Tiergesundheit, die ich mir schon seit Jahren oder fast Jahrzehnten anlese und anhand meiner Beobachtungen während meiner Arbeit mit Tieren überprüft und auch immer wieder hinterfragt habe, praktisch am eigenen Tier im privaten Alltag anzuwenden. Ideal, um zu erfahren, dass Theorie und Praxis so sehr auseinanderklaffen können. Ideal, um an dem, was man bisher weiß, zu scheitern, Alternativen zu suchen, neue Ideen zu entwickeln und anderes zu versuchen. Und aus den Erfolgen, aber vor allem den Misserfolgen zu lernen.
Ich habe lange gebraucht, um mir jetzt so sicher zu sein, dass ich auch Ihrem Tier helfen kann. Mit meinem biologischen Hintergrundwissen und meinen beruflichen Erfahrungen mit Haus- und Wildtieren, die im Tierheim oder Gefangenschaft unter enormen Stressbedingungen leben oder gelebt haben. Ich habe erlebt, wie kleine Veränderungen in der Tierhaltung oder auch im eigenen Verhalten dem Tier gegenüber große Auswirkungen auf Tiere haben können, wie anders, munterer, aufgeweckter, vielleicht fröhlicher Tiere wirken können, wenn sie ihre natürlichen Bedürfnisse ausleben können. Wie sehr sich ein anderes Futter auf den Gesundheitszustand eines Tieres auswirken kann. Wie unnötig manchmal Medikamente sein können, wenn man etwas anderes versucht.
Ich habe meine Arbeit im Tierheim aufgegeben, wo Vorschriften und Tierärzte bestimmen, wie den Tieren ‚geholfen‘ wird. Wo mir fast keine Möglichkeit gegeben wurde, auf zum Teil sehr individuelle Bedürfnisse von Tieren einzugehen. Ich bin überzeugt, dass nur die Menschen, die die meiste Zeit mit einem Tier verbringen, dem Tier wirklich helfen können. Weil sie sein Verhalten in verschiedenen Situation am Genauesten beobachten und Schlüsse daraus ziehen können, die zur Beurteilung einer Krankheit oder eines auffälligen Verhaltens wichtig sind. Aber ich stelle leider auch immer wieder fest, dass viele Tierhalter ihre Tiere zu sehr vermenschlichen, d.h. ihre Verhaltensweisen und auch Krankheitszeichen zu sehr aus menschlicher Sicht deuten. Genau hier sehe ich meine Chance, meine Aufgabe. Ich kann Ihnen mit Rat und bestimmt auch mancher Tat zur Seite stehen, wenn Sie dafür sorgen möchten, dass Ihr Tier ein möglichst gesundes, zufriedenes Leben führt. Ich freue mich darauf!